23.07.2012 Exkursion ... Zukunft der Feuerwehren
+++ Zukunftsfähigkeit der Nds. Feuerwehren, neues Nds. Brandschutzgesetzt +++
Bei einer öffentlichen Veranstaltung in Garbsen / Osterwald wurde über die niedersächsischen Planungen der Feuerwehr referiert. Landesbranddirektor (LBD) Jörg Schallhorn führte im gefüllten Saal eines Gasthauses aus, wie das Land Niedersachsen sich die Herausforderungen und Lösungen an das System der Freiwilligen Feuerwehren vorstellt. Den eins ist sicher: Die Anforderungen an das System Feuerwehr steigen ….
Zunächst jedoch gingen die Redner als Einführung auf allgemeine Sachverhalte der nds. Feuerwehren ein. Zirka 127.000 Einsatzkräfte tun in Niedersachsen Ihren aktiven Dienst in Einsatzabteilungen. Sollten diese theoretisch wegfallen, so müsste das Land Niedersachsen ca. 10 Mrd Euro mehr ausgeben, um flächendeckend den Brandschutz zu gewährleisten, so eine errechnete Studie. Die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft sei in einigen Teilen gefährdet, so die Aussage Schallhorns.
Weitere Ausführungen: Die Anpassung an den demografischen Wandel und die Zukunftsfähigkeit der Feuerwehren im Flächenland Niedersachsen sei in der Zukunft notwendig. Das System der Feuerwehren in Niedersachsen ist gut aufgestellt und funktioniert, man kann sich aber in dieser komfortablen Situation Gedanken machen, wie es weitergehen soll und was in Zukunft kommen kann ? So wurde im Vortrag über 45 Minuten Dauer auf drei Problematiken eingegangen:
Erste Problematik: Nachwuchswerbung
Junge Menschen müssen für das ehrenamtliche Engagement in der freiwilligen Feuerwehr begeistert werden. Etwaige Werbemaßnahmen sind in anderen Bundesländern bereits angelaufen, auch Niedersachen wird Werbung machen müssen. " Generationen sind in die Feuerwehr hineingewachsen…" , aber künftige Jugendliche müssen gezielt angesprochen werden. Auch Mitmenschen mit Migrationshintergrund sind angesprochen, die Feuerwehrwelt wird insgesamt bunter.
Die geburtenschwachen Jahrgänge, die Zuwanderung von ausländischen Mitbürgern und mehr Pflegebedürftige kommen auf die Feuerwehren in Zukunft zu. Niedersachsen standen im Zeitraum 2008 bis 2011 ca. 3 % weniger Einsatzkräfte zu Verfügung (ca.3800 Einsatzkräfte). Insgesamt 27 Ortsfeuerwehren wurden bisher zusammengelegt oder geschlossen. In der Region Hannover sind auf der Ampel-Förderbedarfslandkarte ein Minus von 2 % bei der Feuerwehr Mitgliederentwicklung erkennbar.
Die Anzahl an Jugendfeuerwehren sei leicht gestiegen, aber es gab in 2011 z.B. neun Schließungen von Jugendabteilungen.
Aber auch positive Sachverhalte wurden erwähnt. So wuchs der Frauenanteil in den nds. Feuerwehren auf über 10 % (ca. 12.000 Frauen), das sei bundesweit Spitze. Über Alles wechselten 2500 JF Mitglieder in die Einsatzabteilungen, das sein der erfolgreichen Jugendarbeit zuzuschreiben. Jährlich werden ungefähr 100 Kinderfeuerwehren in Niedersachsen gegründet, dieses sei ein guter Weg und der richtige Ansatz.
Die Anzahl der Einsatz der Feuerwehren steige in Niedersachsen kontinuierlich bis rasant, so die Aussage Schallhorns. In den letzten drei Jahren um + 10,5 %. Die Anzahl schwerer Brandstiftungen sei dabei auffällig zunehmend.
Um dem genannten Trends der Zukunft entgegenzuwirken müsse seitens der Kommunen / Städte die Sicherstellung der Versorgungsqualität und die Sicherstellung der Rahmenbedingungen (FF Häuser, Ausstattung, Fahrzeuge etc.) als gesellschaftliche Komponenten vorangetrieben werden.
Die Europäische Union (EU) würde zunehmend Richtlinien erarbeiten, welche auch Deutschland betreffen, leider nicht immer zum Vorteil des jetzt schon geltenden Normenwerkes. " Wir sollten nicht schlechter werden…", so Schallhorns Aussage. Immerhin sind viele der EU Normen auch auf Länder wie Portugal, Spanien, Griechenland im Fokus zurückzuführen, welche aber bei weitem nicht den Feuerwehr- und Katastrophenschutz-Standard haben wie in Österreich und Deutschland.
Den Tendenzen wie Nachwuchsmangel, Fluktuation der Einsatzkräfte, schlechtes Projektmanagment in der Feuerwehr, geringere Tagesalarmbereitschaft und der Nachlass von Werten und Normen sei insgesamt entschieden gegenzutreten.
Zweite Problematik: Welche Sicherheit können wir als Feuerwehr garantieren ? Welche Versorgungsqualität können wir als Feuerwehr gewährleisten ?
Neben den von den Kommunen / Städten definierten Schutzzielen und Finanzzielen müssen die Feuerwehren die Fachkompetenz und Ressourcen eindeutig beisteuern. Alle vier Parameter stellen die Versorgungsqualität in Niedersachsen dar. Die Schutzziele und Finanzziele werden ausschließlich von den Träger (Städte u. Gemeinden) des Brandschutzes beeinflusst, während Fachkompetenz und Ressourcen klar in der Verantwortung der Feuerwehren liegen. Den Städten/ Gemeinden konnte man im neuen Niedersächsischen Brandschutzgesetz (NBrandSchG) keine Vorgaben in Sachen Schutz-, und Finanzziele machen, diese blieb im neuen Brandschutzgesetz außen vor. Es wurden allerdings die Parameter zu Fachkompetenzen und Ressourcen - Aussagen mit in das Gesetz aufgenommen, um Klarheit über den Sicherheitsstandard darzustellen.
Lösungsmaßnahmen: Der Tenor der Aussage von Schallhorn war: "Agieren statt zu reagieren". Auch wenn es keine Feuerwehr-Rente kommen wird , so wird das Land Niedersachsen ein 20 Punkte Maßnahmenpaket in 2012 - 2013 in Angriff nehmen. So werden Feuerwehr Brandschutzbedarfspläne als Muster bereitgestellt, Leitfäden für das Ehrenamt entwickelt, das NBrandSchG aktualisiert, die Einführung eines Feuerwehr-Dienstausweises (Scheckkarte) vorangetrieben und das Thema Anerkennung und Qualifikation verbessert.
Im neue NBrandSchG wird den Gemeinden zusätzliche Befugnisse eingeräumt. So können z.B. Kosten für Sonderlöschmittel in Rechnung gestellt werden. Die Altergrenze wird von 62 auf 63 + gesetzt , wobei bis zum Alter von 63 die Einsatzkräfte aktiv sein dürfen und mit dem + die Einbeziehung von Alterskameraden in Übung und Einsatz darstellt, so die Kommune dies festschreibt bzw. erlaubt. Weiterhin werden Doppelmitgliedschaften in zwei Feuerwehren zugelassen, sodass die Einsatzkraft sowohl am Wohn- als auch am Arbeitsort tätig werden kann. Auch das Ruhen der Mitgliedschaft wurde im neuen Gesetz verankert.
Die Begriffe Jugend- und Kinderfeuerwehr sind im neuen Gesetzestext ausführlich aufgelistet, genauso wie die hauptamtlichen Wachbereitschaften. Der Begriff der Unvereinbarkeit wurde gestrichen, sodass sich Beamte einer BF jetzt auch in einer freiwilligen Feuerwehr als Führungskraft einbringen dürfen. Bei WF ist eine Erweiterung der Verpflichtungsmöglichkeit und etwaiger Kooperationen mit anderen Firmen mit aufgelistet worden.
Die Kosten für Einsätze der Feuerwehr im Brandschutz sollen nach wie vor unentgeldlich bleiben. Allerdings sollen bestimmte Einsatzkosten für den Verursacher nach Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz (NKAG) abrechenbar werden.
Die Brandschutzerziehung wurde explizit als programmatische Erklärung mit in das neue NBrandSchG aufgenommen, sodass Freistellung der Einsatzkräfte und Entgeldfortzahlung in Zukunft gesichert ist. Auch ein zweisprachiges Feuerwehr Kinderbuch soll erstellt werden, zuerst in deutsch und türkischer Landessprache.
Die Niedersächsische Akademie für Brand- und Katastrophenschutz (NABK) werde in Zukunft am Standort Celle, mit dem ehemaligen Kasernengelände in Scheuen rechnen können und dort verbesserte praxisnahe Ausbildung betreiben. Am Standort Loy werde gerade eine 3,5 Mio Euro teure Übungshalle errichtet, welche in Kürze fertig gestellt wird.
Zum Schluss der Veranstaltung wies Schallhorn auf weitere Regionalveranstaltungen zum Zwecke der Arbeitgeberakzeptanz hin. Diese sollen in naher Zukunft stattfinden, immerhin bekommen die Arbeitgeber auch etwas von ihren Feuerwehrmitgliedern zurück, in Form von gut ausgebildeten und mit großem Engagement versehen Kollegen/innen.
© Bild,Text: Holger Bauer
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