Freiw. Feuerwehr Bissendorf

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20.05.2017 Eingeklemmte Person - Hydraulische Rettung

+++ Verletzungsmusterangepasstes Retten nach Unfällen; Neue e-Mobility Themen +++

Der jährlich stattfindende Workshop zur Technischen Hilfeleistung bei eingeklemmten Personen wurde zum wiederholten Male in Bissendorf durchgeführt. Der Ausbildungstag für erfahrene Einsatzkräfte wurde zusammen mit der FF Wennebostel gestaltet, sodass eine schlagkräftige Mannschaft zusammen kam.

Der Tag begann bei einer Tasse Kaffee und einem lockeren Gespräch zu aktuellen Thematiken. Parallel wurde im Unterrichtsraum der Wehr der theoretische Unterricht vorbereitet. Zur einführenden Präsentation über die Verkehrsunfallrettung in Deutschland, wurden wesentliche Grundkenntnisse, wie auch Spezifika der Unfallrettung intensiv vermittelt. Die einzelnen Phasen der Unfallrettung wurden ebenso besprochen, wie die dazu notwendigen Einsatzmittel. Alle relevanten Fragen zur Sachthematik waren dabei nicht nur erlaubt, sondern mehr als erwünscht.

Unterrichtsinhalte: Zunächst wurden die wesentlichen Bestandteile eines Fahrzeugs angesprochen. Für einige Teilnehmer, welche noch keine große Berührung mit der Unfallrettung hatten, ein sinnvoller Ausbildungsschritt. Nach dem Vergleich Unfallrettung Früher und Heute, konnte die Gliederung eines Einsatzes nach Erst- Zugang- Befreiungsöffnung vermittelt werden. Weitere Aktivitäten wie z.B. Lageerkundung, Unfallkiste, Airbags und Gasgeneratoren oder notwendige Sicherungsmaßnahmen am Unfallfahrzeug wurden auf Nachfrage angesprochen, diskutiert und allen Teilnehmern erläutert.

Die "Golden Hour of Shock" stellt einen groben zeitlichen Rahmen der Unfallrettung des Patienten, hin bis zum Schockraum im Krankenhaus, dar. Anfahrt und Ordnung des Raumes sind ebenso durchzuführen, wie technische Rettung und folgender Abtransport in das Klinikum der Maximalversorgung.

Die Standard Einsatzregel (SER) Verkehrsunfall der Stützpunktfeuerwehr stellt den Ablauf einer Unfallrettung dar, inklusive Vorgehensweise und Reihenfolge. In der SER Verkehrsunfall wird nur eine grober Einsatzablauf vorgegeben, wobei bei besonderen Vorkommnissen an der Einsatzstelle, jederzeit von der SER abgewichen werden kann.

Die Elektormobilität, neudeutsch der Begriff e-Mobility, greift in Deutschland um sich und wird politsich und gesellschaftlich vorangetrieben. E-Mobilität benötigt neben leistungsfähigen Batterien und Hybridtechnik aktuell auch Leichtkarosserien, z.B. aus glasfaserverstärkten Kunststoffen, wie z.B. Carbon. Die Modulbautechnik mit eingelassenen Batteriezellen, wie auch Elektromotoren und dazugehörigen orangenen Kabelleitungen, sind nur wenige offensichtliche Merkmale der neuen Technologie. Außenbeschriftung alternativer Antriebe und AUTO Regel wurden im Workshop dargestellt und gehören in das Wissensmanagement jeder Feuerwehrkraft. Die e-Mobility entwickelt sich rasch weiter und wird in weiteren Unterrichten vor Ort vertieft. Aufbau und Merkmale von e-Mobility Fahrzeugen wurden im Workshop dargestellt - alle wesentlichen Komponenten angesprochen.

Nach den theoretischen Grundkenntnissen wurde die von allen ersehnte Praxisausbildung angegangen: Die Wennebostler Kameraden hatten im Vorfeld zum Workshop schon ein Fahrzeug fachmännisch zerlegt, wobei natürlich die Erfahrung erst gesammelt werden muss. Ein weiteres Fahrzeug stand auf dem Hof des Feuerwehrhauses, um weitere Erfahrungen zu generieren.

Dabei standen die Erstmaßnahmen der Ortsfeuerwehr mit Grundausstattung im Vordergrund der Ausbildungseinheit. Fahrzeug nach Phasenmodell erkunden, anschließend stabilisieren und intensive Patientenbetreuung wurden eingeübt. Der Aufbau der Geräteablagen mit technischer-, und Sanitätsablage wurde von den Bissendorfer Kräften vorgenommen - Parallelisierung der Einsatzmaßnahmen spart dem Patienten die notwendige Überlebenszeit.

Am Fahrzeug konnten dann die unerfahreneren Einsatzkräfte die Fahrzeugtüren entnehmen und die Dritte Tür installieren. Dabei standen nicht nur hydraulische Rettungsmittel im Vordergrund - sondern auch händische Dosenöffner, Halligan Tool und Force Rettungsgerät kamen zum Einsatz. Mit dem Glasmaster wurden VSG Scheiben gesägt, mit Federkörner und Klebefolie ESG Scheiben entnommen.

Das sägen von VSG Scheiben sollte im Einsatzfall umgangen werden, um Gesundheitsgefahren für die eingesetzten Kräfte zu umgehen. Die axiale, immobilisierte Entnahme des Patienten wurde mit einem Spineboard (Rückenbrett) realisiert. Der vorab mit einer Cervikalstütze ausgestattete Patient wurde, mittels einer stabilisierenden Rettungsboa um dem Halswirbelbereich, aus dem Auto gerettet . Der Kopfhelfer gab indessen klare Anweisungen " …zum auf das Spineboard ziehen". Der Patient wurde dann dem Fahrzeug entnommen und dem Rettungsdienst zugeführt.

Sowohl die Interaktion und Absprache zwischen Leiter der technischen Rettung und dem Notarzt wurden auf dem Übungsplatz angesprochen, als auch die korrekte Fragestellungen im Einsatz zum Rettungsmodus. Die Inhalte der Geräteablagen wurden kurz separat angesprochen. Notwendiger Brandschutz mit Wasser am S-Rohr, wie auch das komplette ausziehen der Doppelschlauchhaspel vom Hydraulikaggregat wurden angesprochen.

Dann folgte der kontrollierte Rückbau der Einsatzstelle und eine vorgesehene Mittagspause zu Regenerierung.

Sonderlage: Auf einem abgesperrten Bereich folgte der weiterführende Ausbildungsabschnitt zu einer Unfall-Sonderlage. Ein PKW war Aufgrund eines Zusammenstoßes auf dem Dach liegengeblieben. Der Fahrer war eingeklemmt und mußte von der Rettungskräften der Feuerwehr befreit werden. Auf kontrolliertes, strukturiertes Vorgehen bei konzentrierter Ruhe in der Rettungsphase, wurde besonders Wert gelegt. Aufbau der Geräteablagen, Sicherung der Fahrzeugstellung wurde sicher vorgenommen.

Der Innerer Retter wurde nochmals intensiv besprochen. Zugang zum Patienten, anlegen des Stifnecks und Kommunikation mit den außen arbeitenden Kräfte ist sehr wichtig. Zudem müssen Gasgeneratoren gesucht und identifiziert werden, um Gefahren beim schneiden zu umgehen. Der Innere Retter (Medic) muss dabei auf engsten Raum agieren können und medizinische Kenntnisse mitbringen. Bei einer Sonderlage des Unfallfahrzeug nicht unbedingt eine leichte Aufgabe, ist das Unfallfahrzeug doch durch Intrusion stark verformt - und teilweise die Insassen unzugänglich.

Während der Ausbildungseinheit wurden auch alternative Rettungsmöglichkeiten praktisch erprobt. So kam die elektrische Säbelsäge ebenso zum Einsatz wie handgeführte Öffnungs- und Schneidmöglichkeiten. Letztendlich wurde der Fahrer durch eine Seitenraumöffnung der Fahrerseite axial aus dem Fahrzeug entnommen. Bei sehr warmen Außentemperaturen eine anstrengende Arbeit für die Retter.

Das zweite Fahrzeug für den Ausbildungsabschnitt wurde in einer Seitenlage vorgefunden. Die Sicherung der obenliegenden Fahrertür wurde vorgenommen, sowie die Stabilisierung mit Steckleiterteilen. Weiterhin konnte der Bodenbereich mit Hilfe der Säbelsäge geöffnet werden, um an den Fußbereich eines Fahrers zu gelangen. Nach Feedback zur Übung und nochmaliger Wasseraufnahme bei Sonnenschein wurde eine Pause eingelegt. In der Pause wurde von einem Aufbauteam die Abschlussübung vorbereitet.

Abschlussübung: Als Lernzielkontrolle des Workshops wurde eine umfängliche Abschlussübung durchgeführt. Angenommen wurde eine Unfallsituation zwischen PKW und Baugerät. An einer Kreuzung ist ein mit drei Personen besetztes Fahrzeug mit einem Baustellenfahrzeug kollidiert. Das Baugerät schob den PKW gegen einen Zaun, alle drei Fahrzeuginsassen des PKW wurden dabei im Fahrzeug eingeklemmt.

Die ersteintreffende Ortsfeuerwehr FF Wennebostel nahm zunächst die Grundmaßnahmen vor. Intensive Erkundung der Lage, Phasenmodell inkl. Zugangsprüfung und Vornahme des Inneren Retter wurde durchgeführt. Weiterhin wurde der Ausleger des Baugeräte durch eine Steckleiter gesichert und das Fahrzeug stabilisiert.

Die anrückende Stützpunktfeuerwehr Bissendorf baute indessen die Geräteblagen technische Rettung und Sanitätsablage auf und unterstützte die Rettungsmaßnahmen mit Feuerwehrsanitätern.

Im Einsatzverlauf wurde die hinten sitzende Patientin zuerst gerettet. An die Person auf der Rücksitzbank war am besten heranzukommen. Sie wurde axial auf dem Spineboard, zur Beifahrerseite raus, aus dem Fahrzeug entnommen und der hauptamtlichen Rettungsdienst übergeben. Der Beifahrer war so im Fahrzeug eingeklemmt, dass der direkte Zugang über die Fahrzeug Beifahrerseite nicht genutzt werden konnte. An der Tür stand direkt das eingefahrene Baufahrzeug. So wählte der Angriffstrupp einen Tunnel zum Patienten. Rücksitzlehnen wurden zurückgedreht und die Person mit Rettungsboah auf einem Spineboard immobilisiert. Dann wurde die Person von den Rettungskräften nach hinten heraus entnommen.

Die Versorgungsöffnung zum Fahrer des PKW mußte durch eine Türentnahme der Fahrerseite erfolgen. Da die Beine eingeklemmt waren wurde weiterhin eine Fußraumöffnung geschaffen, um die Beine aus der Pedalerie zu bekommen. Die Maßnahmen gelangen mit kleinstem Bewegungsspielraum zum angrenzenden Zaun. Letztendlich wurde der Fahrer ebenfalls zur Heckklappe hinaus gezogen, Immobilisation und Spineboardrettung inklusive.

Nachdem die drei Personen aus dem Fahrzeug gerettet wurden, konnte Übungsende befohlen werden. Eine kurze Einsatznachbesprechung wurde durchgeführt, die getroffenen Maßnahmen im Nachgang bewertet. Dann folgte der Rückbau.

Zum Workshop Ende wurde positives Resümee gezogen. Alle Einsatzkräfte heile zurückgekehrt, viel PKW Schrott erzeugt und zum wiederholten Male jede Menge Erfahrungen / Kenntnisse um die Thematik Unfallrettung gewonnen. Ein absolut erfolgreicher Ausbildungstag !

© Bild,Text: Holger Bauer