Freiw. Feuerwehr Bissendorf

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16.11.2017 Einsätze auf Bahnanlagen

+++ Stützpunktfeuerwehr beschäftigt sich intensiv mit Bahnanlagen u. deren Gefahren +++

Die Stützpunktfeuerwehr Bissendorf wurde in vergangenen Jahren zu einer Vielzahl von Einsätzen auf Bahnanlagen der Deutschen Bahn AG alarmiert. Die S-Bahnstrecke Richtung Walsrode läuft direkt durch Bissendorf hindurch. Ein Grund mehr, sich intensiv und wesentlich mit der Thematik Bahn zu beschäftigen. Fachliche u. technische Auskunft konnte im Vortrag der Notfallmanager der Bahn AG liefern.

Auf Einladung der Stützpunktwehr kam D.Rotsch, einer der für den Bezirk Hannover, zuständigen Notfallmager, zu einem Vortrag ins Feuerwehrhaus Bissendorf am Pinkvoßhof. Zur Vorbereitung des Abend hatte Ausbilder Holger Bauer einen Fragenkatalog erarbeitet, an dem sich die Sachverhalte u. Diskussionen des Abends orientierten. Zunächst konnte Rotsch die rechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen vorstellen. Unterschiedliche präventive Maßnahmen, welche allesamt das Ziel haben Sicherheit für den Fahrgast zu erzeugen, wurden vorgestellt : Bahnübergänge, Sicherheitsabstände, Pünktlichkeit der Züge u.v.m.

2017: DB Notfallmanagement

Im Ereignisfall hat der Notfallmanager das Ziel schnellstmöglich den Betrieb unter der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen sicherzustellen. Feuerwehren sind dabei zur Brandbekämpfung und Hilfeleistung im Gleisbereich der DB AG vorgesehen, unterstützt durch das Notfallmanagement der Bahn AG. Die Bahn ist dabei zur Mitwirkung verpflichtet.

Neben Eisenbahninfrastrukturunternhemen (EIU), welche z.B. für den Betrieb der Gleisanlagen zuständig sind, sind die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) für die eigentliche Personenbeförderung zuständig. Die Richtlinien 123 und Richtlinie 423 geben dabei Rahmenbedingungen und Leitplanken für die Durchführung und Betrieb des Bahnverkehrs vor. Aufsichtsbehörde ist dabei immer das Eisenbahnaufsichtsamt.

Die Notfallmanager der Bahn AG sind für Strecken und Bezirke zuständig, in denen die Bahn AG auch Besitzer und Betreiber der Strecken ist. Strecken privater EVU´s werden von anderen Prozessen und anderen Notfallmechanismen betreut, also nicht von der Bahn AG und deren Notfallmanagern.

Gefahren für die örtlichen Einsatzkräfte gibt es auf Strecken der Bahn einige: Neben den spannungsführenden Fahrdraht und Oberleitungen sind bewegende Eisenbahnfahrzeuge und die Infrastruktur zu nennen. Lange Bremswege der Züge, Spurgebundenheit der Verkehrsgeräte, Sogwirkung bei vorbeifahrenden Zügen und der tlw. niedrige Geräuschpegel herannahender Züge bringen Einsatzkräfte in missliche Lagen.

Die S-Bahn Züge fahren dabei auf der Strecke nach Bissendorf max.120 km/h, das sind umgerechnet 33 m/s Fahrgeschwindigkeit. Die Oberleitung, als eine der Hauptgefahren mit einer Spannung von 15.000 V und einer Frequenz von 16 ²/3 Herz, geben den Fahrzeugen die notwendige Vortriebsenergie und können im Unfallszenario reißen.

Unter der Überschrift Verhalten im Gleisbett wurden hilfreiche Tipps gegeben: Bei allen Bewegungen im Gleisbett aufpassen, nicht im Gleisbett telefonieren, keine Unterhaltungen , nicht auf die Schienenköpfe treten, nicht laufen, Stolpergefahren beachten, rutschige Schwellen identifizieren und nicht in die Weichenzungen treten, wurden als wesentliche Gefahren allen Anwesenden mitgegeben. Vorsicht bei allen beweglichen Teilen, gerade bei Weichen wirken große Kräfte, welche menschliche Körperteile wie z.B. Füße in Feuerwehrstiefeln, ohne Probleme zerstören können.

2017: Vortrag Notfallmanager Bahn AG

Auf die Frage wo die Gefahr im Gleisbett beginnt, wurde auf die Sicherheitsabstände hingewiesen. 3 Meter bis 3,3 Meter von der Schienenmitte nach außen ist Sicherheitsabstand. Das betreten der Gleisanlagen sind im Bedarfsfall nur nach vorheriger Einstellung des Fahrbetriebes und dessen explizite Bestätigung erlaubt. Der Löschmitteleinsatz mit Wasser, Schaum und sonstigen Löschmitteln ist ohne jegliche Erdung möglich, wenn die Mindestabstände bei Arbeit an elektrischen Anlagen (VDE0132) eingehalten werden können. Hier gilt für die Feuerwehr die 1:5 - 5:10 Regel.

Zu abgerissenen oder herunterhängenden Oberleitungen, welche üblicherweise 4,9 - 5,0 Meter über den Schienen hängen, ist ein Mindestabstand von 10 Metern zu halten - Thema Spannungstrichter. Hier können Kurzschlussströme von bis zu 25.000 Ampere auftreten - für den Menschen können schon 0,030 mA können lebensgefährlich sein. Sollten Bäume in die Oberleitung fallen ist besondere Vorsicht geboten. Nicht nur die Restspannung nach Freischalten, von bis zu 6000 - 7000 Volt , ist zu beachten, sondern auch die mit Betongewichten abgespannten Fahr- und Oberdrähte können Bäume (nach den absägen) wieder hochschleudern.

Rotsch führte intensiv aus, dass im Ereignisfall - bei unterschreiten des Schutzabstandes - auf einer Bahnstrecke einzelne Gleise geerdet werden müssen. Hierzu müssen nach Freischaltung, vor und hinter der Einsatzstelle, Erdungsgarnituren zwischen Fahrdraht und Schienen eingesetzt werden, um die Erdung zu gewährleisten. Spezielle Spannungsprüfer und Erdungsmaterial sind auch bei den Feuerwehren der Gemeinde Wedemark vorhanden, spezielles Personal wurde extra ausgebildet - um schnell vor Ort helfen zu können.

Die Freischaltung eines Gleisabschnittes geschiet indes auf spezielle Anforderung und wird von der Bahnleitstelle mit einem Fax an die Feuerwehr bestätigt. Erst nach Freischaltung und Bestätigung darf die Bahnstrecke von Einsatzkräften der BOS betreten werden - ist der Notfallmanager vor Ort an der Einsatzstelle verliert die Faxbestätigung ihre Gültigkeit - der anwesende Notfallmanager hat dann vor Ort seitens Bahn AG alleinige Weisungsbefugnis und Entscheidungsspielraum.

Wird der Schutzabstand bei Einsatzmaßnahmen der Feuerwehr nicht unterschritten, muss auch nicht geerdet werden, betonte Rotsch ausdrücklich. Wartezeiten könnten dann, zum Wohle der Betroffenen, eingespart werden - die Einsatzkräfte könnten umgehend loslegen…

Die Alarmierung der Notfallmanager der Bahn AG findet in der Regel über die Feuerwehr-Einsatz- und Rettungsleitstelle statt, welche über die Bahn Leitstelle die Notfallmanager entsendet. Längere Anfahrtszeiten sind allerdings keine Seltenheit, sondern unterliegen immer den Tageszeiten, dem Straßenverkehr sowie dem eigentlichen Schadenfall. Bei maximalen Bagatellfällen reicht ggf. schon die Bundespolizei vor Ort.

2017: DB Notfallmanagement

Notfallmanager der Bahn sind in der Regel nach Schichtplan ständig erreichbar. Sie sind nach max. 30 Minuten mind. telefonisch verfügbar, sind im Einsatzfall Mitglied der Einsatzleitung, sind alleiniger Ansprechpartner des Einsatzleiters Feuerwehr und haben sowohl auf Bahntechnik, als auch auf Bahnpersonal DB AG volle Weisungsbefugnis. Um schnell an die Einsatzstelle zu kommen steht Ihnen im Dienst ein Unfallhilfsfahrzeug zu Verfügung, um die Anfahrt zu gewährleisten.

Bei Unfällen mit Gefahrgut greift der Notfallmanager im Bedarfsfall auch auf das TUIS zurück, was telefonische oder praktische Hilfe leistet. Rotsch wies auf die technischen Merkblätter der Bahn AG, worin die einzelnen Schienenfahrzeuge intensiv beschrieben sind. Die Kommunikations- und Meldewege zur FEL und Bahnleitstelle sind zwingend einzuhalten, um alle Beteiligten ihre Arbeit machen zu lassen. Wege am Prozess vorbei sind unzulässig, kontraproduktiv und nicht zielführend.

Zum Abschluss des Vortrages gab Notfallmanager Rotsch noch hilfreiche Tipps: " Achtet besonders auf den Zugführer…", so sein menschlicher Tipp. Er hat schreckliches vor Ort erlebt und braucht sicher betreute Hilfe. Einsätze auf Bahnanlagen sind oftmals psychologisch belastend, sodass unter Umständen auch die Notfallseelsorge eingeschaltet werden kann. Bei Bäumen in der Oberleitung sollte man auf den E-Dienst der Bahn AG warten, diese kenne sich bestens mit der Thematik freischalten und Baum beseitigen aus.

Nach gut 2,5 Stunden Vortrag, mit integrierter Pause, dankten alle Anwesenden für die wissenswerten Informationen, nach altem Feuerwehrbrauch, mit einem dreifach GUT WEHR.

© Bilder: Bahn AG, Bauer Text: Holger Bauer