28.04.2018 Intensives Verkehrsunfalltraining
+++ Einsatzkräfte simulieren Unfallsituationen, Menschenrettung notwendig +++
Der letzte Samstag im April stand bei der Stützpunktfeuerwehr Bissendorf / Scherenbostel im Fokus der intensiven Verkehrsunfallrettung. Es mussten eingeklemmte Unfallopfer aus Ihren zerstörten Personenkraftwagen befreit werden und technische und medizinische Maßnahmen durchgeführt werden. Wochenlange Vorbereitung und intensive Übungsplanung waren der Standort- Ausbildungsveranstaltung vorausgegangen.
Bereits zum zwölten mal fand die Intensivschulung der Bissendorfer Einsatzkräfte zum Thema Verkehrsunfallrettung im Feuerwehrhaus Bissendorf statt. Standortausbilder, Instruktor für technische Hilfeleistung Holger Bauer, konnte für die Ausbilungsabteilung im Unterrichtsraum der Wehr 17 Einsatzkräfte zum einführenden Frühstück begrüßen.
Am Vormittag konnten die Teilnehmer ihre theoretischen Kenntnisse zur Unfallrettung vertiefen und etwaige Fach- und Sonderfragen zu Rettungstechniken und Vorgehensweisen loswerden. Alles zum Thema Unfallrettung wurde fachlich nach besten Wissen und Gewissen diskutiert und beantwortet. Der besondere Fokus des Ausbildungstages lag auf der praktischen Ausbildung in der Unfallsituation.
Ziel des Workshops war erneut, die örtlichen Einsatzkräfte bestmöglich auf eventuelle Einsatzfälle bei Verkehrsunfällen vorzubereiten. Nachdem Fachwörter wie Golden Hour of Shock, oder 6-Phasen Modell und Rettungsmodus vermittelt wurden, konnten die intensiven Ausbildungseinheiten beginnen. Dazu wurden rund um Bissendorf mehrere Unfallsituationen simuliert, wobei immer Personen in Ihren Personenkraftwagen eingeklemmt waren.
Die Aufgabe der Einsatzkräfte in den jeweiligen Übungen bestand darin, die Patienten möglich schonend und zeitnah, mittels hydraulischen Rettungsgeräten, aus den deformierten Fahrzeugen zu befreien. Eine schweißtreibende und anstrengende Arbeit, welche strukturiert und nach genauen Vorgaben am Einsatzort durchzuführen sind, ohne dass die Unfallopfer weiteren körperlichen und seelischen Schaden nehmen.
Die erste Übung startete gegen 10:00 Uhr. Ein Fahrzeug war auf nasser Straße ins schleudern geraten, mit der Beifahrerseite gegen ein Baum geprallt und anschließend mit der Fahrerseite gegen eine zweiten Baum zu stehen gekommen. Die Fahrerin war schwer eingeklemmt, aber ansprechbar. Die beiden weiteren Insassen, in Front und Heck des Fahrzeugs, waren im Fußbereich eingeklemmt.
Die ersteintreffenden Kräfte der Feuerwehr erkundeten die Lage, gaben eine hochwertige Rückmeldung an die eingerichtete Übungsleitstelle und begannen parallel mit den Rettungsarbeiten. Einrichten der Arbeitskreise, Definition des Safety Man (Sicherheitsassistent) Aufbau der Geräteablage und Sanitätsablage, sowie erstellen eines Rettungsplans zur technischen Rettung waren Erstaufgaben. Parallel wurden die Patienten vom Inneren Rettern erstversorgt und ein Zugang zu dem Patienten geschaffen.
Im Übungsverlauf entschied sich der Einsatzleiter das Dach des Fahrzeugs komplett zu entfernen. Eine zeitaufwendige Maßnahme, welche aber bei der Anzahl der zu rettenden Personen angebracht erschien. Die einzelnen Entnahmen aus den Fahrzeug wurden axial mit mehreren Spineboards (Rückenbrettern) durchgeführt. Unter maximaler Berücksichtigung der Immobilisierung wurde jedes Unfallopfer nach Priorität einzeln aus dem Fahrzeug gehoben und dem Rettungsdienst übergeben.
Das Ziel der ersten Übung, wesentlich Schwachstellen zu identifizieren und aufzuzeigen wurde nach Meinung Holger Bauers erreicht. Schnelligkeit im Einsatzstellenaufbau und zeitnahe technische Rettung mit hydraulischen Rettungsgerät waren verbesserungswürdig und wurden im fachlichen Feedback offen angesprochen. Nach der ersten Übung wurden zurückgebaut - die Einsatzstelle abgebaut. Was folgt war Analyse und Pause der Teilnehmer, bis zur geplanten Mittagspause.
Wurden in der ersten Übung am Vormittag noch einige Schwachpunkte am Übungsablauf analysiert, so konnten schon in der Folgeübung erste Verbesserungen in der Einsatzstellenorganisation und technischen Menschenrettung sichtbar werden. Gerade die Neueinsteiger, welche sich in der zweijährigen Truppmannausbildung 2 befinden, bekamen in den Übungssituationen einen guten Eindruck was es heißt, mit Schwerstverletzten und den damit verbundenen medizinischen Maßnahmen umgehen zu müssen. Mit Ihnen werden sicher noch weitere Ausbildungseinheiten zu absolvieren sein…
Die zweite Übung, gegen 14:00 Uhr nach dem Mittag, fand im Süden von Bissendorf statt. Ein Fahrzeug war nach einem missglückten Überholmanöver von einem weiteren Fahrzeug auf der Beifahrerseite gerammt worden und gegen einen Baum gedrückt worden. Die Vier Insassen wurden in ihrem Fahrzeug eingeklemmt und konnten sich selbstständig nicht mehr aus dem Auto befreien. Der Einsatzleiter forderte umgehend weitere Verstärkung an und orderte weitere Rettungswagen zur Einsatzstelle. Der Aufbau der Geräte- und Sanitätsablage lief wesentlich flüssiger. Die Vornahme der hydraulischen Rettungsgeräte funktionierte vom Handling her einwandfrei.
Die Rettung der vier eingeklemmten Personen spielte sich in einem Zeitrahmen ab, welcher als akzeptabel bezeichnet werden konnte. Einklemmungsart und Zeitdauer, von der Erkennung der Einklemmung bis zur eigentlichen Entklemmung der Patienten brauchten die notwendige Zeit - sodass durch die enge des Raumes nicht wesentlich mehr Einsatzkräfte hätten am Fahrzeug arbeiten konnten.
Die Arbeitskreise wurden eingehalten, der "Flaschenzug" am 5 Meter Arbeitskreis zeigte im Übungsverlauf immer ausreichend Personalreserven. Für die Rettungsarbeiten wurden im übrigen die betroffenen Straßenabschnitte für den Fahrzeugverkehr teilgesperrt. Fazit der Übung: Schnelle Entscheidungen mit Rettungsplan... und immer einen Plan B und C im Kopf haben haben, hilft dem Patienten wesentlich !
Die Übungssituationen wurden bei den Übungen vorab, mittels Traktoren, vor Ort vorbereitet. Fahrzeuge wurden deformiert, diese an den Unfallstellen so aufgestellt, dass die Situation maximal realistisch wirkte. Die in den Fahrzeugen eingeklemmten Unfallopfer wurden teilweise durch eine befreundete Feuerwehr gestellt, dabei zwängten sich die echte Unfallmimen in die zerstörten Fahrzeuge. Dies selbst war schon eine Leistung für ansich.
In einer speziellen dritten Abschlussübung mussten die Teilnehmer am späten Nachmittag Ihr gelerntes Wissen und Können zeigen. Eine herausfordernde Unfallsituation mit mehreren Eingeklemmten in mehrere Fahrzeugen musste absolviert werden.
Dabei waren mehrere Fahrzeuge in Folge eines Staus auf- bzw. ineinander geprallt. Mehrere Personen schrien aus dem Fahrzeugen, als die ersten Einsatzkräfte die Einsatzstelle erkundeten.
Eingeklemmte machten per Hupsignal auf sich aufmerksam, um wahrgenommen zu werden. Neben Priorisierung der Reihenfolge der Rettung, dem Eigenschutz der Einsatzkräfte und der Stabilisierung der Fahrzeuge wurden vom Einsatzleiter umgehend weitere Kräfte zur Verstärkung angefordert. Zunächst wurde ein eingeklemmter Fahrer hinter seinem Lenkrad mittels hydraulischen Schneidgerät und Spreizer befreit. Es konnte ausreichend Zentimeter Raum zur Befreiung geschaffen werden, um Ihn axial mittels Spineboard aus dem Fahrzeug zu befreien.
Parallel kümmerten sich Einsatzkräfte der Feuerwehr um weitere eingeklemmte Personen in weiteren beteiligten Fahrzeugen. Dabei waren die Patienten teilweise unzugänglich, d.h. das herankommen an weitere Patienten war erst nach Rettung vorgelagerter eingeklemmter Personen möglich. Es musste priorisiert werden, parallel wurden mit Gruppenführern und Einsatzleiter ein technischer Rettungsplan für die schwersteingeklemmten entworfen.
Am zentral eingeklemmten Fahrzeug musste zunächst die hintere Fahrertür mittels Spreizer entnommen werden, um an den Insassen zu kommen. Die gerettete Insassin war eingeschlossen, aber nicht eingeklemmt und konnte von den Rettungskräften ohne größere medizinische Rettungsmittel dem Rettungsdienst übergeben werden.
Für den Insassen hinter dem Beifahrer musste zunächst das Dach etwas angehoben werden, damit dieser per Spineboard aus dem Fahrzeug gerettet werden konnte. Anschließend wurde das Dach im hinteren Bereich komplett abgetrennt, mittels Teleskoprettungszylinder angehoben und der Fahrer getunnelt nach hinten heraus entnommen.
Ausbilder und Teilnehmer waren mit den gezeigten Maßnahmen und dem durchgeführten Rettungsplan A zufrieden und konnten im abschließenden Feedback eine positive Resonanz des Intensiv -Unfalltrainings ziehen.
Nach neun Stunden Ausbildung, jeder Menge konstruktiver Verbesserungen bei den Vorgehensweisen und sehr vielen Eindrücken bei der Unfallrettungen, waren sich alle Teilnehmer einig: Ein wertvoller Ausbildungsdienst, welcher allen Beteiligten weitere Rettungskompetenz brachte und auch fachlich und herausfordernd Spass gemacht hat.
Für weitere Rückfragen zur Ausbildungsveranstaltung oder Inhalten steht Holger Bauer, aus der Sektion Ausbildung und Lehre der Stützpunktfeuerwehr Bissendorf/Scherenbostel, gerne zu Verfügung.
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