30.03.2009 Horrorcrash auf der A7
+++ TEIL 2: Einsatzablauf, Verletztensammelstelle, Zusammenarbeit und Fazit
Die beiden Insassen der Seat Alhambra, der mit eingeschaltetem Licht in das Dach des Kofferaufbaus des Scanias LKW gefahren war, konnten ohne hydraulische Rettungsgeräte aus dem Fahrzeug befreit werden. Die reine Türöffnung mittels Muskelkraft reichte aus. Die Rücksitzlehnen wurden zurückgedreht, Kopfstützen entfernt, um an Fahrer und Beifahrer zu gelangen. Der Beifahrer war durch den Aufprall stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Er schwebte in Lebensgefahr. Blutspuren, auch im Fahrerairbag des Seat Alhambra, zeigten die enorme Wucht des Aufpralls.
Der Scania LKW Fahrer konnte sich unglaublicherweise aus seinem völlig zerstörten Fahrerhaus selbst befreien. Er war leicht verletzt, blutete im Gesicht und an Händen. Die Fahrerkabine des Sattelzuges war im Frontend stark nach oben eingedrückt, die VSG Frontschutzscheibe zersplittert, und das Dach oberhalb der A Säulen stark zum Anhänger hin, eingedrückt.
Gegen 20 Uhr wurde es langsam dunkel an der Einsatzstelle. Die schon während des Einsatzes aufgebaute Beleuchtung an der Einsatzstelle, wurde weiterhin ergänzt. Auf beiden Richtungsfahrbahnen wurden intensive Beleuchtungsmaßnahmen durchgeführt. Der Hubschrauberlandeplatz, die Verletztensammelstelle und die eigentliche Unfallstelle wurden großflächig ausgeleuchtet. Dabei kamen sämtliche Leuchtmittel und Stromaggregate, welche auf den Einsatzfahrzeugen mitgeführt worden, zu Einsatz.
Für die Richtungsfahrbahn Norden, dort fuhr die FF Brelingen und Mellendorf und der Großteil des Rettungsdienstes an, wurde seitens der eingerichteten Einsatzleitung beschlossen, eine Öffnung der Mittelleitplanke zu veranlassen, um den RTWs Abfahrmöglichkeiten zu bieten und um die Schwerstverletzten zu den Hubschraubern transportieren zu können. Mit Hilfe von Plasmaschneider und Trennschleifer wurde die Mittelleitplanke auf ca. 60 Meter herausgetrennt und mit Muskelkraft der Einsatzkräfte in den Straßengraben transportiert.
Die an der Mittelleitplanke, Fahrtrichtung Hannover, eingerichtete Verletztensammelstelle füllte sich im Einsatzverlauf mit Verletzten. Neben den verletzten Fahrzeuginsassen aus den Fahrzeugen wurden die leichtverletzten von Feuerwehr und - Rettungsdienstpersonal betreut. Auftretende Schocklagen wurden mittels 30 Grad Lagerung behandelt, Verbände angelegt und Fusionen beigebracht. Die intensive Ausbildung der FW Sanitäter und die Einrichtung der Sanitätergruppe FW Wedemark zeigte positive Wirkung. Die Zusammenarbeit mit den Notärzten und Rettungsdienstmitarbeitern gestaltete sich problemlos. Die intubierteten und befreiten Fahrzeuginsassen wurden individualmedizinisch vom RD behandelt und direkt in die bereitgestellten Rettungswagen gebracht. Dort wurden Sie weiterhin stabilisiert und transportfähig gemacht.
Die angeflogenen drei Rettungshubschrauber (RTH) standen auf beiden Richtungsfahrbahnen. Die Piloten hatten teilweise Absperrhütchen aufgestellt, um Freiraum zum beladen der RTHs zu gewinnen und ihre Fluggeräte vor Anfahrschäden zu schützen.. Die Hubschrauberlandeplätze wurden im Einsatzverlauf, mit aufkommender Dunkelheit, beleuchtet.
Die anwesende Autobahnpolizei reagierte schnell und sperrte schon im ersten Einsatzverlauf die komplette Autobahn. Dadurch wurden die Gaffer (Sie standen auf einer Autobahnbrücke und vor den Staufahrzeugen) durch Absperrband auf Abstand gehalten. Dies erleichterte die Arbeit der Rettungskräfte erheblich.
Die örtliche und überörtliche Presse war Aufgrund der Informationslage sehr schnell über den Vorfall informiert. Zahlreiche Pressevertreter waren schon in der Anfangsphase des Einsatzes vor Ort und dokumentierten das Geschehen. Sie verhielten sich dabei sehr zurückhaltend und störten die Rettungsarbeiten zu keinem Zeitpunkt. Seitens der Einsatzleitung wurde ein Pressesprecher eingesetzt, um die anwesenden Pressevertreter während des Einsatzes zu betreuen und zu lenken. In einer kurzen Stellungnahme des Einsatzleiters wurde gegen 18:30 Uhr vor Ort die Lage erläutert und gesicherte Informationen an die Presse gegeben.
Der eintreffende Leitende Notarzt (LNA) der Berufsfeuerwehr Hannover leitete nach an der Einsatzstelle den Rettungsdienst Einsatz. Drei Notarztwagen (2 BF und 1 Johanniter) standen für die intensivmedizinische Betreuung zu Verfügung. Dazu kamen die Notärzte der RTHs und die Schnelleinsatzgruppen (SEG) der Hilfsorganisationen. Neben polytraumatisierten Opfern mit Schädelhirntrauma wurden blutsillende Druckverbände angelegt, Blutdruck bei den Patienten gemessen, sowie Sauerstoffgabe durchgeführt. Zur körperlichen Wärmung der leichtverletzten Unfallopfer am Verletztensammelplatz wurden Flutlichtstrahler verwendet.
Die schwerverletzten Unfallopfer wurden mit den Rettungshubschraubern in Klinken der Maximalversorgung (MHH und AK Celle) geflogen. Die leichter verletzten konnten mit den Rettungswagen an die Zielkrankenhäuser gebracht werden.
Nach zirka 2 Stunden kontrollierter Arbeit der Einsatzkräfte konnte etwas Ruhe einkehren. Die RTHs und RTWs waren abgeflogen bzw. abgefahren und die Einsatzleitung entschied den langsamen Rückbau der eingesetzten Mittel. Rettungsgeräte, Spineboards und Einsatzkleidung wurde teilweise von Farbe, Zement gesäubert. Nebenbei wurde ein Teil der auslaufenden Flüssigkeiten mit Ölbindemittel gebunden. Genutzte Erste Hilfe Handschuhe, Sanitätsmaterial und Fahrzeug Trümmerteile säumten den betroffenen Autobahnabschnitt, welcher gegen 21 Uhr taghell beleuchtet war.
Die Polizei gab nun größte Anstrengungen die Richtungsfahrbahn Kassel wieder frei zu bekommen. Nachdem alle Einsatzmittel von der Fahrbahn geräumt wurden konnte die Fahrtrichtung Süden gegen 21:20 Uhr wieder einspurig befahren werden. Die Polizei hatte Vorsorglich den kompletten BAB Verkehr an der Autobahnanschlussstelle Berkhof abgeleitet, damit nicht noch mehr Fahrzeuge in den Stau hinein fahren.
Der Einsatz der FW Rettungskräfte wurde weiterhin durch mehrere positive Faktoren begünstigt:
- So entstand nach dem Zusammenprall der Fahrzeuge kein Brand. Hätten die Fahrzeuge durch auslaufende Betriebsmittel Feuer gefangen, wären die Überlebenschancen der eingeklemmten Opfer rapide gesunken.
- Die schnelle Verfügbarkeit der FW Rettungskräfte und FW Sanitätern durch den am Abend geplanten ABC Zug Übungsabend. Die Einsatzkräfte brauchten die Einsatzstelle nur anfahren.
- Trockene Wetterlage, sodass die vielen Verletzten Unfallopfer unter freiem Himmel versorgt und stabilisiert werden konnten.
Gegen 21:30 Uhr konnten die ersten eingesetzten Rettungskräfte der Feuerwehr aus dem Einsatz herausgelöst werden. Die Feuerwehr Bissendorf verließ die Einsatzstelle gegen 21:45 Uhr und führte im Feuerwehrhaus Bissendorf eine Einsatznachbesprechung durch. Hier konnten alle eingesetzten Rettungskräfte Ihre Eindrücke vom Einsatz los werden.
Die am Einsatzort verbliebenen Einsatzkräfte begleiteten und unterstützten die Bergung und Aufräumarbeiten bis in die frühen Morgenstunden. Dabei war die Autobahn A7 weiterhin voll gesperrt. Entladen des Sattelaufliegers, anheben und aufrichten des Scania LKWs, Bergung der Unfallfahrzeuge und Reinigung der Richtungsfahrbahnen standen im Fokus der nächtlichen Arbeiten.
Die Autobahnmeisterei ersetzte noch in der Nacht große Teile der Mittelschutzleitplanke, um am nächsten Morgen die Autobahn wieder sicher befahren zu können. Nur einige zusammengefegte Haufen Kleintrümmer und Scherben säumten an nächsten Tag noch die Seitenstreifen.
Gegen 6:30 Uhr konnten beide Richtungsfahrbahnen wieder für den Fahrzeugverkehr freigegeben werden.
Fazit:Der Einsatz der Feuerwehren, wie auch die Zusammenarbeit aller Rettungskräfte hat gut und effektiv funktioniert. Alle Unfallopfer haben lebend die Einsatzstelle verlassen und wurden individuell medizinisch betreut. Die Ausbildung der FW Sanitäter hat sich bezahlt gemacht.
Eingesetzte Kräfte
Feuerwehr Mellendorf
Feuerwehr Elze
Feuerwehr Berkhof
Feuerwehr Brelingen
Autobahnpolizei
3 x RTH
DRK SEG Region Hannover Nordost
Abschleppunternehmen
Verkehrsunfalldienst
Eingesetzte Kräfte FFw Bissendorf
TLF 16/24 Tr : 3 Einsatzkräfte
LF 8/6 : 9 Einsatzkräfte
RW 1 : 3 Einsatzkräfte
MTW : 8 Einsatzkräfte
GW-G : 3 Einsatzkräfte
Feuerwehr insgesamt: ca.80 Einsatzkräfte
Einsatzkräfte insgesamt: ca. 110 Einsatzkräfte
© Bild,Text: Fachautor Holger Bauer.Sämtliche Daten ohne Gewähr.
|